#9 Ed Partyka (II)

Shownotes

«Ich versuche meinen Studierenden zu ermöglichen, in die Berufswelt reinzukommen. Das finde ich auch total wichtig, diese Vernetzung zwischen der Berufswelt, den Hochschulen oder der Universität. Deswegen ist es entscheidend, dass ich noch als Musiker tätig bin. So kann ich mein Handwerk direkt an meine Studierenden weitergeben. Und natürlich auch die Vernetzung mit professionellen Orchestern.»

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00:00:24: Ed Partyka, ursprünglich aus Chicago, ist seit September 2021 neuer musikalische Leiter  

00:00:34: des ZJO. Er ist aber nicht nur musikalischer Leiter, Arrangeur und Komponist, sondern auch passionierter Coach für  

00:00:43: angehende Musikerinnen und Musiker. Ed, wir sprechen  heute über deine Lehrtätigkeit. Du  

00:00:50: hast ja selber einen Mentor gehabt, wie du selber mal  gesagt hast, der dich sehr beeinflusst hat.  

00:00:56: Erzählt mir bitte ein bisschen über  deine Anfänge und deinen grossen Mentor. Ja,  

00:01:00: Bob Brookmeyer war mein grosser Mentor. Mein Bezug oder meine Beziehung zu Bob Brookmeyer war folgende:

00:01:09: Als Student in Chicago; das muss Oktober 1986 oder 87  gewesen sein. Ich habe in einem Studentenwohnheim gelebt. 

00:01:20: Einer von meinen guten Kumpels, David Morehead, ein Trompeter und auch Arrangeur/Komponist, ist im wahrsten Wortsinn reingelaufen,

00:01:31: reingerannt in mein Zimmer mit einer LP. Er  sagte damals: "Eddie" - nur ganz enge Freunde  

00:01:40: dürfen mich Eddie nennen - "Eddie, das musst du hören." Die Platte war von Bob Brookmeyer, Composer/Arranger.

00:01:46: Zu dem Zeitpunkt war das wirklich neue Musik, Neuland für mich.

00:01:56: Der erste Track auf der A-Seite heisst "Ding Dong Ding". Innerhalb von 30 Sekunden habe ich mich in  

00:02:04: diese Musik verliebt. Für mich war das ein sehr wichtiger Punkt, weil bis dahin war  

00:02:09: mein Ziel ausschliesslich, Posaunist zu werden. Ab dem Zeitpunkt dachte ich - es hatte irgendetwas geweckt in  

00:02:19: mir - das will ich auch machen. Ich will auch Musik schreiben. Das war wirklich der erste

00:02:24: "spark", wo ich gedacht habe: "Wow". Danach habe ich angefangen, Musik zu schreiben. Und dann

00:02:33: bin ich nach Europa gekommen. Ich muss sagen, mein Ziel war es damals, wie ich bereits schon erwähnt habe,  

00:02:38: also mein ursprünglicher Plan war, hier in Europa ein oder zwei Jahre zu bleiben. Danach wollte ich

00:02:46: nach New York gehen. Einer meiner Gedanken diesbezüglich war Bob Brookmeyer, der zu

00:02:54: der Zeit in New York gewohnt hat. Ich dachte, vielleicht könnte ich bei Bob Brookmeyer

00:02:58: studieren. Was ich nicht wusste, war, dass Bob Brookmeyer 1988 auch nach Europa gezogen war. Er hat  

00:03:08: in Holland gelebt und ich habe Bob dann 1991 bei einem Workshop an der Musikhochschule in Köln  

00:03:15: kennengelernt. Er war Workshopleiter und ich habe in der Hochschul-Big Band-gespielt. Ich habe

00:03:23: dann da schon mein grosses Idol kennengelernt. Zwei Jahre später durfte ich dann bei Bob Komposition studieren und dann kurz danach hat Bob für das Schleswig-Holstein Musikfestival in

00:03:37: Deutschland eine Festival-Big-Band zusammengestellt. Ich war zur rechten Zeit am rechten Ort und durfte in dieser

00:03:46: Big Band mitspielen, auch wieder mit meinem Idol Bob Brookmeyer. Daraus ist dann Bob Brookmeyers eigene Big Band entstanden, das

00:03:56: Bob Brookmeyer New Art Orchestra, wo ich dann auch dabei war. Das Orchester hat

00:04:06: nie wirklich viel gespielt, jedes Jahr vielleicht fünf bis sieben Konzerte. Das hat  

00:04:13: mich auch sehr geprägt, weil Bob war nicht nur ein super Kompositionslehrer war, er ist auch ein super Dirigent  

00:04:19: gewesen und sowieso ein super Komponist/Arrangeur. Und  dann war ich wie gesagt Mitglied bis zu Bobs

00:04:25: Tod und der Auflösung des Orchesters 2011. Von 1991 bis 2011 habe ich mit Bob entweder

00:04:38: studiert oder in seinem Orchester gespielt. Das hat mein Leben

00:04:44: und meine Musik geprägt. Zum Thema Unterrichten: Bob ist einfach  

00:04:53: einer der besten Kompositionslehrer im Jazzbereich, die es je gegeben hat. Da habe

00:04:59: ich Glück gehabt, bei ihm studieren zu dürfen. Jetzt wiederholt sich ja die Geschichte sozusagen: Ihr habt im ZJO Leute, die die bei dir studiert haben in der Vergangenheit. Was ist das  

00:05:12: Wichtigste, was du deinen Studierenden weitergeben  möchtest? Genau das, was ist von von meinen Vorgängern  

00:05:18: bekommen habe, aber auch, es ihnen zu ermöglichen, in die Berufswelt reinzukommen.

00:05:30: Das finde ich auch total wichtig, diese Vernetzung zwischen Berufswelt und Hochschule oder

00:05:37: Universität. Weil es gibt an manchen Hochschulen Lehrer und Lehrerinnen, die eigentlich gar nicht mehr professionell  

00:05:45: als Musiker.innen tätig sind. Das ist wirklich extrem schade - irgendwas zu unterrichten, was  

00:05:52: du früher gemacht hast. Das ist eigentlich ein Teil

00:05:58: von dem "career path", dass die natürlich erst mal aktiv als Musiker.innen unterwegs sind und sich danach  

00:06:04: ein bisschen zur Ruhe setzen und dann unterrichten. Das finde ich einfach den  

00:06:10: falschen Weg. Deswegen ist es so wichtig, dass ich noch als Musiker tätig bin. Weil das

00:06:18: sind die Sachen, die ich an meine Studierenden direkt weitergeben kann. Weil das das ist, was

00:06:22: momentan los ist. Auch natürlich die Vernetzung mit professionellen Orchestern. Denn da gibt es

00:06:30: einen sehr grossen Unterschied zwischen dem, was didaktisch oder pädagogisch sinnvoll  

00:06:37: unterrichtet wird - oder wie es unterrichtet wird -, und dem, was tatsächlich hier in der Arbeitswelt  

00:06:43: abgeht. Studierende kommen zu mir und sagen: Mein Lehrer hat mir gesagt, wenn ich Noten  

00:06:50: formatiere, muss ich xxxx machen. Ich weiss von meiner tagtäglichen Arbeit

00:06:57: mit professionellen Orchestern, dass das, was der Kollege gerade den Studierenden gesagt hat, absolut nicht stimmt.

00:07:03: Ein.e ZJO-Musiker.in oder ein.e Helsiki Musiker.in, die sagen mir, wie man Noten formatiert.

00:07:12: Dann frage ich die Studierenden oft, für wen denn dieser anderer Lehrer,

00:07:20: der dir gerade diesen Rat gegeben hat, schreibt.Der schreibt für die örtliche Blaskapelle in Nieder-

00:07:29: Unterschwelligen Hof. Das finde ich extrem wichtig. Und dann auch: Den Studierenden die  

00:07:36: Möglichkeit zu geben, dann hier einzusteigen. Ich schaue wirklich sehr, dass Nachwuchskomponisten  

00:07:44: Nachwuchskomponistinnen, Arrangeur.innen und so weiter die Möglichkeit haben, auch für solche Orchester zu schreiben. Wenn  

00:07:51: es Möglichkeiten gibt, versuche ich wirklich gezielt, dass sie die Möglichkeit bekommen,

00:07:56: einfach zu schauen. Das ist, glaube ich, auch etwas, was viele Lehrer.innen nicht im Auge behalten:

00:08:03: Unsere jetzigen Studierenden sind unsere zukünftigen Kolleg.innen. So ist es.

00:08:12: Das ist auch wie beim ZJO: Drei oder vier Musiker.innen, die da mitspielen, sind

00:08:19: ehemalige Studierende. Jetzt sind wir Kollegen. Gibt es irgendwas, was dich extrem stolz macht, was  

00:08:26: ein ehemaliger Student, eine ehemalige Studentin von dir erreicht, gemacht, getan, vielleicht auch über dich  

00:08:32: gesagt hat, wo du heute sagen musst, doch, für das hat sich all die Arbeit gelohnt? Ja, ich freue mich  

00:08:39: sehr dass, das sehr viele von meinen ehemaligen Studierenden jetzt auch Karrieren haben; als

00:08:46: Komponist.innen, Dirigent.innen, Arrangeur.inen. Sehr viele von meinen Studierenden unterrichten mittlerweile auch selber,

00:08:54: geben das selber noch weiter. Von meinen ganzen Absolventinnen und Absolventen

00:09:03: bin stolz auf alle. Weil ich jetzt sehe, was sie erreichen, was sie erreicht haben, und  

00:09:11: dann denke ich: Super, irgendwas hat geklappt. Das habe ich natürlich auch von meinem Mentor

00:09:18: und meinen Lehrer.innen mitbekommen. Ich muss auch sagen, ich habe ein absolutes Glück  

00:09:24: gehabt, super Lehrer und Lehrerinnen zu haben. Nicht jeder hat dieses Glück. So versuche ich,   

00:09:29: auch ein guter Lehrer zu sein und das, was ich bekommen habe, weiter zu geben.

00:09:33: Ich bedanke mich sehr für diese Antworten. Alles Gute.

00:09:38: Merci vielmal, Ed Partyka.

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