#8 Nils Wogram
Shownotes
Dieser Podcast wurde am 1. Juli 2021 anlässlich seines Konzertes mit dem ZJO aufgenommen. Nils Wogram erzählt uns, was für ihn bei der Kompositionsarbeit wichtig ist, was ihm besondere Freude bereitet und wo er auch schon Lehrgeld bezahlt hat.
«Das ist im Jazz das A und O. Also, ich meine, es sagt mir ja auch, wenn man jemanden an seinem Sound erkennt innerhalb von ein paar Noten, das ist das oberste Ziel. Und das ist quasi das, was ich eigentlich in einer Big Band anstrebe. Da hat man Kontraste. Du hast einerseits diesen Ensemble-Geist, und wirklich, worauf es ankommt, einfach im Ensemble gut zusammen zu spielen, einen schönen, fetten Big-Band-Sound zu kreieren. Und dann gibt es natürlich immer wieder die Solos, wo es dann eben genauso wie in einer Combo, wo die individuelle Klasse und auch die individuelle Kreativität im Vordergrund stehen.»
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00:00:31: Nils, wenn dich jemand fragt, was das ZJO ausmacht,
00:00:35: was antwortest du dem Fragenden?
00:00:39: Ich würde sagen, das ZJO repräsentiert die starke Zürcher
00:00:44: Jazzszene und nicht nur Zürcher Jazzszene.
00:00:49: Es kommen ja auch Leute ab und zu von außerhalb.
00:00:52: Ich meine, generell ist die Schweizer Jazzszene sogar mittlerweile
00:00:57: international bekannt und hat eine super Reputation
00:01:01: und Zürich ist nun mal der Hotspot.
00:01:04: Ich meine, es ist die größte Stadt
00:01:05: in der Schweiz und hier leben die meisten Musikerinnen und Musiker.
00:01:10: Und das ZJO hat
00:01:13: halt jetzt viele, viele Jahre super Arbeit gemacht.
00:01:18: Einerseits haben sie interessante Dirigenten eingeladen,
00:01:23: interessante Leute gefeatured, und das Orchester hat einen tollen Ensemble-
00:01:29: Sound kreiert und ist sehr etabliert.
00:01:32: Und ich bin sehr froh,
00:01:34: dass ich mit dem ZJO jetzt auftreten darf mit meinem Programm.
00:01:38: Du selber magst ja auch
00:01:40: kleinere oder nicht ganz so riesige Klangkörper.
00:01:44: Kannst du sagen, weshalb du die magst?
00:01:48: Kann man das in Worte fassen?
00:01:49: Kleinere Ensembles?
00:01:55: Sagen wir mal, je kleiner
00:01:58: die Band ist, desto spontaner kann die Musik sein.
00:02:02: Also es gibt zwar auch große Ensembles, die zusammen improvisieren, aber
00:02:07: in der Regel ist es so, dass große Klangkörper mehr organisiert sein müssen.
00:02:12: Ansonsten gibt es ein Chaos.
00:02:14: Wenn man zu zweit ist,
00:02:15: kann man unheimlich schnell aufeinander reagieren und irgendwie auch mal
00:02:19: Dinge über Bord werfen und neu machen und so.
00:02:23: Und da ist man sehr, sehr flexibel
00:02:26: und man hört die individuelle Stimme natürlich mehr.
00:02:30: Also einerseits quantitativ mehr, weil natürlich von zwei Leuten
00:02:35: dann beide irgendwie ungefähr zu 50 Prozent drankommen
00:02:39: oder gleichzeitig spielen.
00:02:41: Und andererseits ist natürlich auch rein klanglich ist es transparent und so.
00:02:46: Und ja, und ich bin in erster Linie solistisch unterwegs und
00:02:52: bin halt sehr stark geprägt durch Jazz im Allgemeinen.
00:02:57: Und der Jazz ist
00:02:59: natürlich auch durch Big Bands geprägt,
00:03:03: aber die solistischen Sachen eher durch kleine Ensembles.
00:03:07: Und deswegen spiele ich auch hauptsächlich in kleinen Gruppen,
00:03:14: weil man dann eben natürlich so mehr solistisch zum Zuge kommt.
00:03:19: Aber das bedeutet überhaupt nicht, dass ich große Ensembles nicht mag.
00:03:23: Ich meine, was noch dazukommt, es ist auch ein Wirtschaftsfaktor.
00:03:27: Also ich meine, ich hatte eine Zeit lang auch ein Septett,
00:03:32: wo zum Beispiel Steffen Schorn auch mitgespielt hat,
00:03:35: als ich mal auf dem Papier gibt es diese Band immer noch,
00:03:38: aber es ist unglaublich schwierig, eine siebenköpfige Band
00:03:42: irgendwie auf die Straße zu bringen, auf Tour zu sein, allein was da anfällt
00:03:45: an Hotelkosten und und Reisekosten und natürlich Gage und so weiter.
00:03:50: Das ist extrem schwierig zu finanzieren und
00:03:54: mit den Big Bands, gut.,
00:03:56: das ist natürlich noch mal eine ganz andere Sache.
00:03:58: Meistens ist es ja eher so, dass eine Big Band lokal verortet ist
00:04:03: und dann Leute aus der Stadt kommen.
00:04:06: Also meines Wissens ist es auch so, dass beim Zurich Jazz Orchestra so, dass
00:04:10: alle oder die meisten
00:04:11: wirklich in der Stadt Zürich oder zumindest in der Umgebung wohnen.
00:04:15: Ich selber wohne ja auch jetzt nicht mehr in der Stadt Zürich, sondern in Männedorf,
00:04:18: ein bisschen außerhalb, aber
00:04:22: von daher fallen dann keine Übernachtungskosten an,
00:04:26: keine wesentlichen Reisekosten,
00:04:29: und man kann sich treffen und Musik zusammen machen.
00:04:33: Dann fahren alle mit nach Hause. Proben
00:04:36: ist auch möglich, es ist nicht so eine riesige Logistik
00:04:40: und bei meinen Gruppen ist es so,
00:04:42: dass meistens die Musiker und Musikerinnen über
00:04:48: mehrere Länder, manchmal sogar irgendwie verstreut sind.
00:04:51: Und dann muss man natürlich, irgendwie hat man höhere Reisekosten
00:04:54: und eine größere Logistik usw..
00:04:58: Ja, aber ich glaube,
00:05:00: dass man jeden Klangkörper oder jeder Band, jeder Besetzung -
00:05:04: und auch nicht nur von der Besetzung her, sondern auch von den Personen,
00:05:08: die da mitspielen - irgendwie Tribut zollen muss.
00:05:12: Das heißt, es ist nicht nur so, dass man jetzt irgendwie halt ein Trio hat
00:05:16: oder eine Big Band, sondern es geht auch darum, wer spielt da mit,
00:05:21: wie funktionieren die Leute.
00:05:24: Ja, also es gibt sehr, sehr viele Faktoren, die man da mitdenken muss.
00:05:29: Du komponiert ja auch.
00:05:30: Würde das, was du jetzt gerade gesagt hast, bedeuten, dass wenn du komponiert,
00:05:34: dass du schon sehr präzise weißt, für wen du das machst?
00:05:38: An sich schon. Also jetzt in meinen Bands ist es auf jeden Fall so.
00:05:43: Das Programm, was wir mit dem Zurich Jazz Orchestra im Moods aufführen,
00:05:48: das wurde ursprünglich oder habe ich ursprünglich geschrieben
00:05:52: für die NDR Big Band, mit der ich auch schon mal zusammengearbeitet habe.
00:05:57: Und ich kenne da die meisten Musiker von der Band relativ gut
00:06:00: und hab mir dann irgendwie vorgestellt, wie die spielen.
00:06:04: Und so hab sie teilweise auch angerufen
00:06:06: vorher und gesagt, hey, spielst du das und das Doubling zum Beispiel.
00:06:09: Auf dem Papier steht dann erstes Alt,
00:06:12: spielt auch Flöte, aber aus Erfahrung weiß man, in einer Big Band spielen
00:06:18: zwar alle Reed Player spielen, dann alle Doublings Klarinette, Flöte, was weiß ich.
00:06:23: Aber wie oft ist es auch so, dass sie sagen Na ja, wenn's
00:06:26: nicht unbedingt sein muss, spiele ich lieber nicht Flöte und gut.
00:06:30: Also deswegen habe ich dann in dem Fall zum Beispiel den ersten Altisten angerufen
00:06:35: und gesagt Hey, wie sieht es aus? Spielst du wirklich Flöte?
00:06:38: Auch gerne Flöte?
00:06:39: Ja, auf jeden Fall. Und ich soliere auch gerne auf der Flöte.
00:06:42: Das wird man jetzt sehen bei der Probe mit dem ZJO,
00:06:45: wie sich das ergibt.
00:06:47: Es kann zum Beispiel
00:06:48: sein, dass die Person, die dann dieses Flöten-Feature spielt,
00:06:52: sagt: Kann ich das nicht vielleicht auch auf der
00:06:55: Klarinette spielen oder vielleicht sogar auf dem Alt-Saxophon?
00:06:58: Da muss man das ausprobieren.
00:06:59: Ich bin, ich glaube unsere Musik
00:07:02: ist - ich meine, die ist
00:07:05: individuell geprägt und das Schöne an unserer Musik ist,
00:07:08: dass die Leute, mit denen man Musik zusammen macht, die gestalten die Musik.
00:07:13: Und ich finde es extrem wichtig, auf deren Vorlieben
00:07:17: und Bedürfnisse auch einzugehen, weil die sollen sich ja selber spielen.
00:07:21: Die sollen nicht irgendwie
00:07:23: quasi in eine Rolle schlüpfen, die sollen sich selber spielen.
00:07:26: Das ist irgendwie im Jazz das A und O.
00:07:28: Also ich meine, es
00:07:28: sagt mir ja auch irgendwie, wenn man jemanden an seinem Sound erkennt
00:07:32: innerhalb von ein paar Noten, dann ist das das oberste Ziel.
00:07:36: Und das ist quasi das, was ich eigentlich auch in einer Big Band anstrebe.
00:07:42: Da hat man natürlich diese Kontraste.
00:07:44: Du hast einerseits diesen Ensemble Geist und wirklich, wo es drauf ankommt,
00:07:48: einfach im Ensemble gut zusammen zu spielen,
00:07:51: einen schönen, fetten Big-Band-Sound zu kreieren.
00:07:55: Und dann gibt es natürlich immer wieder die Solos, wo es dann eben genauso
00:07:59: wie in einer Combo auch wirklich die individuelle Klasse
00:08:04: und auch die individuelle Kreativität im Vordergrund steht. Und
00:08:10: bei dem Programm, was ich geschrieben habe, habe
00:08:13: ich versucht, da eine ganz gute Balance hinzukriegen, sodass es
00:08:16: nicht nur so eine Big-Band-Geballer ist und die ganze Zeit alle spielen.
00:08:20: Also durchaus eine Transparenz.
00:08:22: Aber es darf dann schon auch mal richtig knacken.
00:08:25: Ist es unabdingbar oder es ist zumindest ein Vorteil,
00:08:28: wenn man selber ein Instrument spielt, das in so einer Big Band Platz haben könnte,
00:08:32: wenn man komponiert für eine Big Band?
00:08:38: Ist es unabdingbar? - Notwendig,
00:08:40: dass man selber ein Instrument spielt, das in einer Big-Band -Besetzung vorkommt,
00:08:45: um sinnvoll für eine Bigband komponieren zu können?
00:08:48: Also ich würde sagen,
00:08:51: es ist auf jeden Fall extrem vorteilhaft,
00:08:55: wenn man in Big Bands gespielt hat und auch viel gespielt hat.
00:09:00: Ich glaube nicht, dass man jedes Instrument spielen können muss.
00:09:03: Da gibt es natürlich auch Leute, die das tatsächlich beherrschen. Ich nicht.
00:09:08: Aber es ist ja so, dass zum Beispiel sehr viele Posaunisten
00:09:12: Komponisten und Arrangeur geworden sind.
00:09:15: Bob Brookmeyer ist eines der berühmtesten Beispiele
00:09:23: und es gibt noch viele andere.
00:09:26: Ed Partyka zum Beispiel ist inzwischen hauptsächlich Arrangeur und Komponist.
00:09:32: Selbst J. J. Johnson hat, glaube ich, dann
00:09:34: Filmmusik geschrieben in LA.
00:09:39: Peter Herbolzheimer war auch Posaunist.
00:09:43: Ja, es gibt wirklich viele
00:09:45: Posaunisten, die eben Arrangeure und Komponisten geworden sind.
00:09:49: Und ich glaube, das ist kein Zufall, weil
00:09:52: auf der Posaune man halt sehr viel im Ensemble spielt.
00:09:56: Das heißt, man bekommt auch ein Gefühl für Zusammenklang,
00:10:00: für eine Gruppendynamik,
00:10:04: und vielleicht, was das angeht, eben auch eine gute Psychologie,
00:10:10: eine gute Band-Psychologie also, die wirklich total wichtig ist.
00:10:13: Und wenn ich jetzt zum Beispiel was arrangiere oder auch komponiere,
00:10:17: dann stelle ich mir den Sound vor.
00:10:20: Wie könnte das klingen?
00:10:22: Und die Instrumente zusammen und und jeden, jeden Sound, also jedes Instrument.
00:10:27: Wie das klingt, kann ich mir ganz gut vorstellen.
00:10:30: Und das ist das A und O fürs Arrangieren.
00:10:32: Also wenn man sich das nicht vorstellen kann,
00:10:36: dann wirds richtig schwierig.
00:10:37: Also von daher glaube ich schon, dass es wichtig ist.
00:10:41: Und wenn jetzt zum Beispiel, ich glaube auch, dass wenn jetzt,
00:10:45: wenn man - angenommen, man spielt
00:10:48: von Haus aus Klavier und hat sich nicht
00:10:53: kann diese Vorstellungskraft, dass zum Beispiel
00:10:57: eine Posaune eine andere Dynamik hat oder dass es schwierig ist,
00:11:01: große Intervalle zu spielen, nicht nur das Wissen, sondern eben
00:11:05: auch den Klang, sich vorstellen oder sich vorzustellen: Wie spielt denn
00:11:10: jemand, der eine Posaune spielt?
00:11:13: Wie wird er diese Phrase spielen?
00:11:15: Und das das ist schon sehr, sehr wichtig. Und
00:11:19: ja, ich meine, ich bin auch schon als Jugendlicher in Big Bands gewesen.
00:11:24: In Deutschland gibt es dann so diese Auswahl-Orchester,
00:11:27: Landesjugend-Jazzorchester, Bundesjugend-Jazzorchester,
00:11:31: Musikschul-Big-Band und so weiter.
00:11:34: Das habe ich alles irgendwie durchlaufen.
00:11:35: Von daher kenne ich den Klangkörper Big Band ziemlich gut und
00:11:41: habe eigentlich gar nicht so viel Know how, was jetzt Arrangements und so angeht.
00:11:47: Ich habe einfach irgendwie ausprobiert, mir das versucht vorzustellen
00:11:51: und es hat eigentlich immer ganz gut geklappt.
00:11:54: Letzte Frage Du hast vorhin was ganz Spannendes gesagt, dass
00:11:56: wenn du komponierst du schon quasi eine Vorstellung hast, wer dann wie was spielt.
00:12:01: Hast aber auch gesagt, die
00:12:02: sollen ja nicht in eine Rolle schlüpfen, die sollen sich nicht verstellen.
00:12:06: Mir ist der Architekt durch den Kopf gegangen, der ein wunderschönes Haus baut
00:12:10: und nachher kommen die Bewohner
00:12:11: und stellen irgendwelche völlig hässlichen Sessel rein.
00:12:14: Ist es dir schon mal passiert, dass du was komponiert gehabt hast -
00:12:18: - das kriegt ja dann ein Eigenleben, oder?
00:12:20: Möglicherweise geht es ja dann irgendwohin,
00:12:21: wo du die Kontrolle nicht mehr hast, dass das jemand wirklich verschandelt hat
00:12:25: oder dass du dich geärgert. hast über eine Interpretation?
00:12:29: Ja. Also geärgert...
00:12:34: Ich würde eher sagen, enttäuscht war ich in verschiedenen Situationen.
00:12:39: Und zwar ich habe auch Lehrgeld bezahlen müssen.
00:12:42: Also wenn ich jetzt zum Beispiel überlege, also ich habe ja
00:12:46: einige Bands, die auch seit vielen Jahren existieren
00:12:48: und je länger man zusammen arbeitet,
00:12:50: desto besser kennt man dann auch irgendwie die Dynamik in der Band,
00:12:54: die Vorlieben, Stärken und Schwächen der einzelnen Musiker und so.
00:12:58: Und kann darauf eingehen und weiß auch, was man besser nicht tun sollte.
00:13:03: Und das habe ich inzwischen irgendwie ganz gut drauf.
00:13:07: Gleichzeitig ist es ja so, dass man nicht jetzt irgendwie
00:13:11: immer nur das komponiert, um den Leuten irgendwie zuzuarbeiten.
00:13:16: Also muss schon irgendwie auch eine Grundidee da sein.
00:13:19: Also die Kunst ist, eine gute Balance zu schaffen zwischen der eigenen,
00:13:23: ursprünglichen Idee und wie die Musik klingen soll.
00:13:27: Und das spielt schon eine große Rolle.
00:13:28: Und halt mit den Musikern, Musikerinnen zusammenzuarbeiten,
00:13:32: deren Sound vorzustellen.
00:13:34: Und um auf deine Frage zurückzukommen:
00:13:37: Also zum Beispiel hatte ich mal ein Stück geschrieben, was eher so
00:13:40: ein bisschen meditativ war und ich hatte das dann zu einer Band,
00:13:47: einer meiner Bands, mein damaliges Quartett, mitgebracht
00:13:51: und habe das versucht, den
00:13:55: Protagonisten dann nahezubringen und irgendwie, ja,
00:14:00: die haben irgendwie den Vibe von der von dem Stück nicht so richtig gefühlt.
00:14:04: Und dann war es irgendwie. ..
00:14:06: Ja, es war schon ganz okay, aber ich war nie so richtig zufrieden.
00:14:09: Und dann haben wir , also als wir
00:14:11: Studioaufnahmen gemacht haben, haben wir einen Take nach dem anderen gemacht.
00:14:14: Also wir waren dann bei neun Takes, irgendwie am Ende ist das Stück nicht
00:14:19: aufs Album gekommen, weil ich einfach gedacht habe, nee, also das ist es nicht.
00:14:23: Es ist in der Schublade gelandet.
00:14:24: Ich habe es dann irgendwann später für eine andere Band wieder ausgepackt,
00:14:28: noch ein bisschen umarrangiert, aber im Grunde war es das selbe Stück, und es
00:14:32: wurde einer unserer Hits .
00:14:33: Also das zeigt schon: Die Leute müssen sich mit der Musik,
00:14:37: die man schreibt, wirklich identifizieren können, mit der Ästhetik, das ist, das ist
00:14:41: wirklich sehr wichtig.
00:14:43: Da habe ich halt Lehrgeld gezahlt und deswegen weiß ich auch irgendwie,
00:14:46: wenn ein Stück zum Beispiel
00:14:47: mit einer Band nicht funktioniert,
00:14:48: heißt es erstens nicht unbedingt, dass es ein schlechtes Stück ist.
00:14:52: Es kann auch in einer anderen Besetzung dann funktionieren.
00:14:55: Und es heißt auch gleichzeitig: Ich muss nicht mit dem Kopf durch die Wand.
00:14:59: Ich meine, ich kann einfach das Stück dann wegnehmen.
00:15:03: Eine andere Geschichte war: Ich hatte ein Stück geschrieben,
00:15:06: wo ich mir vorgestellt hatte, dass es dann irgendwie am Ende so ein so
00:15:10: eine Art Turnaround, also eine Geschichte, die sich immer wiederholt hat.
00:15:13: Und es sollte sich irgendwie aufbauen.
00:15:15: Es sollte größer werden und dynamischer und lauter und dichter und so.
00:15:19: Und was haben die -
00:15:21: was hat meine Band gemacht?
00:15:22: Das Gegenteil! Also die Spannungskurve ging dann halt nicht so.
00:15:26: Die ging halt so!
00:15:28: Und ich war so, hm... uff.
00:15:32: Und dann ist eben die Kunst -
00:15:34: - oder was heißt Kunst?
00:15:35: Wichtig ist,
00:15:36: dann muss man sich erst mal locker machen und sagen, okay,
00:15:40: ist das jetz gut, originell, gut,
00:15:44: kann ich damit leben oder nicht?
00:15:46: Und letztendlich war auch das dann
00:15:51: dieser Moment.
00:15:54: Dieses Momentum oder diese Geschichte, was die Band quasi erfunden hatte,
00:16:00: ohne dass ich das wollte, war auch einer der schönsten Momente
00:16:04: in den Konzerten, wo es einfach mal wider Erwarten nicht so macht,
00:16:08: sondern hat so ganz schön ausplätschert und so ganz leise endet
00:16:12: und so, da habe ich auch sehr, sehr viel gelernt durch solche Sachen.
00:16:16: Eine andere Enttäuschung hatte ich, wo
00:16:20: andere Komponisten bzw.
00:16:23: Arrangeure meine Stücke arrangiert haben.
00:16:26: Und da gab es dann Situationen, die haben dann irgendwie quasi
00:16:30: nur Fragmente daraus genommen, quasi ein neues, komplett neues Stück gemacht.
00:16:36: Das hat mir dann wirklich nicht so gut gefallen.
00:16:39: Oder ich hatte auch wirklich Akkorde aufgeschrieben,
00:16:42: also quasi richtig mit Noten, nicht nur Akkordsymbole, sondern genauso.
00:16:45: Und dann bekam ich einen Anruf:
00:16:47: "Komisch, irgendwie so von dem Akkord in den -
00:16:49: das würde ich anders machen." Auf jeden Fall auch da.
00:16:52: Ich meine, da war einfach
00:16:54: die Ästhetik bzw.
00:16:57: die Vorstellung, wie Musik klingen soll, eine ganz andere.
00:17:01: Und da kann man nichts machen.
00:17:03: Also das war dann einfach so.
00:17:05: Der hat das dann irgendwie umarrangiert.
00:17:07: Gut, das wurde auch nicht allzu oft aufgeführt.
00:17:11: So Sachen erlebt man halt und manchmal.
00:17:16: Wenn man seine eigenen Stücke weggibt, an
00:17:19: anderee Arrangeuere, hat man manchmal Glück, manchmal Pech. Also ich habe
00:17:24: auch mit Jim McNeely zusammengearbeitet und da war es irgendwie so,
00:17:30: das war einfach großartig.
00:17:31: Das waren keine -
00:17:33: das waren keine Stücke von mir, sondern das war quasi
00:17:36: eine Adaption von einem Konzert von dem Albert Mangelsdorff Trio
00:17:41: für die HR Bigband.
00:17:44: Und er hat diesen Geist irgendwie total gut auf die Bigband übertragen.
00:17:48: Also sowohl mit den Leuten, mit dem man zusammen spielt,
00:17:52: als auch mit den Leuten, mit denen man zusammenarbeitet, als Arrangeur und so.
00:17:55: Es gibt eine grundlegende
00:17:58: ästhetische Vorstellung, die sich decken muss, wenn man die
00:18:01: wenn so eine Idee von der Musik und so, wenn sich die wenn sich die nicht,
00:18:05: wenn man die nicht teilt, dann man kann das auch nicht erklären.
00:18:09: Ich habe auch aufgehört, meinen Musikern und Musikerinnen
00:18:12: irgendwas zu erklären, weil das bringt's überhaupt nicht.
00:18:16: Zu meinen Studierenden sage ich:
00:18:19: Versucht so wenig wie möglich zu reden, so wenig wie möglich zu erklären irgendwie.
00:18:25: Entweder die Leute finden sich in die Musik ein,
00:18:28: man kann klare Spielanweisungen geben und dann mal gucken, was damit passiert .
00:18:33: Aber das Ganze so ja und dann war ich da irgendwie in dem und dem Land
00:18:37: und dann hat es das und das und ich habe mich so und so gefühlt und so.
00:18:41: Also ich glaube,
00:18:44: die Musik muss für sich funktionieren und es muss möglich sein,
00:18:49: ebenso wie in der bildenden Kunst, dass jede Person einen eigenen Zugang dazu hat
00:18:55: und dass man sich in der Ästhetik dann findet.
00:18:58: Das ist schon wichtig.
00:18:59: Aber erklären brauche ich eigentlich meine Musik nicht
00:19:04: Ganz herzlichen Dank, Nils. Danke.
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