#6 Ed Partyka & Daniel Schenker
Shownotes
Was sagen die beiden zu ihren neuen Rollen, zu ihrer Zusammenarbeit, zu gemeinsamen Plänen und Visionen? Wie gehen sie mit ihren Doppelrollen als Musiker und Orchesterleiter um? Wohin wollen sie das ZJO gemeinsam führen? Wir haben nachgefragt.
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00:00:22: Ed, Dani, ihr seid zusammen das musikalische Leitungsteam des
00:00:32: ZJO. Ich würde heute gerne mit euch beiden darüber reden,
00:00:35: was ihr denn so für Chefs seid für diese Big Band.
00:00:38: Ist das ok für euch? Ja.
00:00:38: Wir machen das auf Hochdeutsch, damit uns möglichst viele Leute da draussen
00:00:45: verstehen. Eben - ihr seid beide Musiker, seid beide aber auch sozusagen Chefs.
00:00:49: Was für Chefs seid ihr denn? Ed, was bist du für ein Chef? Das ist
00:00:56: wirklich eine gute Frage. Ich versuche, immer besser zu werden. Sagen wir es mal so: Wenn ich
00:01:04: mich so beschreiben könnte - ich war,
00:01:07: vielleicht kann Dani das bestätigen, weil wir uns mittlerweile relativ lang
00:01:12: kennen - ich war früher viel strenger als Dirigent und als Leitungsperson. Mit
00:01:18: der Zeit bin ich in meinem Leben glücklicher geworden und dadurch bin ich auch, glaube ich,
00:01:26: netter heutzutage. Das hat auch eine Auswirkung darauf, wie ich als Leiter
00:01:32: bin. Vielleicht nicht mehr so streng, aber ich hoffe einfach, dass die Energie, die ich
00:01:38: einbringe, eher eine positive Energie ist. Ich glaube, als ich jünger war,
00:01:43: war das nicht immer der Fall. Ich habe immer nach Perfektion gesucht, war dann natürlich sehr
00:01:54: streng und wahrscheinlich anstrengend für die Musiker und Musikerinnen in den
00:01:59: verschiedenen Orchestern, mit denen ich gearbeitet habe. Das ist meine
00:02:04: Wahrnehmung. Ich weiss nicht, ob du das ergänzen möchtest.
00:02:08: Deine Position als Chef oder deine Art als Chef
00:02:12: von früher? Ich weiss nicht - für mich warst du immer jemand, der eine natürliche
00:02:16: Persönlichkeit ausstrahlt. Auch Kompetenz - und das sind für mich eigentlich die
00:02:21: wichtigen Eigenschaften, die es braucht. In der Musik kannst du nicht ausschliesslich mit
00:02:28: Autorität funktionieren. Du musst etwas mitbringen musikalisch, musst
00:02:35: musikalisch etwas auf dem Kasten haben. Sonst
00:02:38: bist du nicht glaubwürdig im Orchester oder in der Band.
00:02:41: Daher habe ich das nie so empfunden. Ed war auch schon beim ZJO,
00:02:49: vor längerer Zeit. Ich habe das nicht als streng, als "chefig" empfunden, aber er hat natürlich eine
00:02:54: tiefe Stimme, eine Präsenz - eine natürliche Autorität ist
00:02:58: natürlich schon da. Gerade du, Dani, bist ja
00:03:02: selber noch immer Musiker, du bist das ja sehr gewohnt,
00:03:07: dass man eben beides können muss, Musiker Sein und dann eben auch Chef -
00:03:12: und über das Authentisch-Sein dann auch rüberkommen als Chef. Wie ist das für
00:03:16: dich, diese zwei Hüte aufzuhaben? Musiker zu sein UND eine Leitungsfunktion zu haben?
00:03:22: Ich habe das so empfunden:
00:03:23: Ich bin eigentlich nicht per se gerne Chef oder jemand, der gerne
00:03:26: quasi eben Leuten sagt, was sie tun sollen. Für mich war es eine Art von Verantwortung Übernehmen
00:03:34: von dem, was wir machen, weil es natürlich super bequem ist, wenn wir irgendwo spielen,
00:03:38: dann bin ich schön hinten, kann ab und zu einmal mein Solo spielen und Noten lesen und spielen aber
00:03:45: es braucht mehr, es braucht Leute, die ein bisschen Verantwortung übernehmen. Auch für die anderen,
00:03:50: damit die Band weiterkommt. So bin ich
00:03:55: auch Interimsleiter geworden, vor vielen Jahren - vor acht Jahren. Du bist ja
00:04:06: auch eigentlich Musiker, hast jetzt vor allem Leitungsfunktionen. Gibt es in deinem leben als
00:04:12: Musiker manchmal Momente, wo du gerne wieder "nur" Musiker wärst und die ganze
00:04:17: Verantwortung jemand anderem abgeben würdest? Ja, es gibt schon solche Momente. Es ist klar,
00:04:27: dass ich manchmal das Spielen an sich vermisse. Ich habe es nicht ganz ausgeschlossen,
00:04:32: dass ich vielleicht irgendwann in Zukunft wieder
00:04:35: spielen werde und vielleicht werde ich irgendwann wieder ein bisschen weniger Stress in
00:04:42: meinem Leben haben wollen. Noch mal in Anführungszeichen. Musiker-Sein ist auch
00:04:46: mit Stress verbunden. Zu sagen, hey, ich will ein bisschen zurückschalten und vielleicht dann doch
00:04:54: wieder Bassposaunist sein. In einer Bigband irgendwo ganz gemütlich ein paar tiefe Töne
00:04:59: spielen. Vielleicht kommt das irgendwann mal, wer weiss. Nicht in den nächsten paar Jahren.
00:05:06: Ich glaube nicht in den nächsten paar Jahren. Wahrscheinlich zur gleichen Zeit, wenn ich mir
00:05:13: ein E-Bike kaufe. Ich bin leidenschaftlicher Fahrradfahrer, aber ich finde E-Bikes furchtbar.
00:05:22: Das ist nur meine persönliche Wahrnehmung. Wenn du nicht selbst treten kannst,
00:05:27: wozu denn - warum Fahrrad fahren?Dann kannst du eine Wespa kaufen. Aber was ich erkannt
00:05:34: habe, was sehr positiv ist, ist dass für Leute, die vielleicht irgendwann mal ein Lebensalter
00:05:40: oder einen physischen Zustand erreichen, wo sie nicht mehr so fit Fahrrad fahren können,
00:05:45: ist da der Umstieg auf ein E-Bike für mich logisch. Da habe ich in meine
00:05:51: Zukunft geschaut und da wird irgendwann mal der Punkt kommen,
00:05:55: wenn ich diesen Umstieg auf das E-Bike machen werde.
00:05:58: Ich hoffe erst mit 95, aber vielleicht kommt es dann mit 80 oder so - und wahrscheinlich
00:06:03: werde ich zu diesem Zeitpunkt auch wieder Bassposaunist werden -
00:06:07: Verantwortung abgeben. Man merkt, eine Führungsrolle inne haben
00:06:16: hat auch sehr viel damit zu tun, wie man als Mensch ist. Jetzt seid ihr ja eine Art ein
00:06:21: Führungsteam. Könnt ihr schon etwas darüber sagen zu diesem Zeitpunkt, wie ihr als Menschen
00:06:27: miteinander klarkommt? Wie ähnlich seid ihr, wo habt ihr die grössten Differenzen?
00:06:34: Im Moment ist es so: Wir sind wirklich daran, das herauszufinden. Es geht ja darum, jemanden zu haben, der die
00:06:44: künstlerische Vision hat. Da haben wir auch jemanden gesucht dafür. Ich habe dann gedacht: Okay,
00:06:50: der neue Leiter wird dann alles übernehmen, also auch Arbeit machen, die ich jetzt zum Teil mache.
00:06:57: Das sind wir am Herausfinden. Ich merke, Ed ist sehr einbeziehend. Er fragt auch sehr
00:07:04: viel zurück. Das ist jetzt am Anlaufen. Genau werden wir das mit
00:07:11: der Zeit herausfinden. Wie wichtig ist dir, wenn du neu zu einem Ensemble kommst,
00:07:18: dass du wirklich die Leute mit einbeziehst? Ist das was, was du in der Vergangenheit vielleicht
00:07:23: anders gemacht hast und dir jetzt speziell vornimmst oder tickst du einfach so? Das sind
00:07:28: Fehler, die ich früher gemacht habe. Das Orchester nicht in Entscheidungen mit einzubeziehen - als ich
00:07:34: mit anderen Orchestern gearbeitet habe. Deswegen bin ich sehr sensibel in dieser Hinsicht.
00:07:41: Nachzufragen, was wollen die Orchestermitglieder, was haben die für Ziele. Weil wenn ein Management
00:07:48: oder ein Orchesterleiter eine Vision hat, aber das ganze Orchester in eine ganz andere
00:07:55: Richtung gehen will, führt das natürlich zu Konflikten. Es führt zu keinem guten
00:07:59: Ergebnis. Deswegen natürlich einfach zu schauen, Input von den Musikern zu bekommen, das ist voll wichtig. Dass wir mit dem Management-Team, dem künstlerischen Leitungsteam und dem Orchester
00:08:11: einen gemeinsamen Weg nach vorne finden. Darf ich ganz kurz zu Dani,
00:08:17: obwohl wir erst seit Kurzem zusammenarbeiten:
00:08:20: Was ich sehr an Dani schätze ist seine absolute Ruhe. Weil ich bin jemand, wie wir letzen
00:08:28: Freitag beim Konzert gesehen haben, ein bisschen überdreht. Ich strahle eine
00:08:34: ganz andere Energie aus. Danis Energie ist einfach voll ruhig. Ich kann auf ihn zählen,
00:08:41: bis jetzt. Auch in den Proben am Wochennde. Eigentlich immer sicher, immer zu 100 Prozent konzentriert.
00:08:49: Das schätze ich sehr und ich denke, von dem, was ich bis jetzt gesehen habe, dass sich
00:08:53: diese zwei Energien oder diese zwei Sachen gut ergänzen werden.
00:09:00: Könntet ihr sowas wie eine Zukunftsvision fürs ZJO in Worte fassen,
00:09:08: die ihr gemeinsam habt? Wir hatten gestern
00:09:14: zu viert ein Treffen. Es ging darum, Eds Vertrag zu finalisieren. Du musst
00:09:19: zuerst Ed fragen, weil er hat gesagt, in welche Richtung das gehen kann.
00:09:25: Er hat vor allem erzählt, wie das zum Beispiel mit seiner Band in Finnland läuft.
00:09:28: Das sind Situationen, da können wir nur davon träumen. Das sind Festanstellungen
00:09:34: für alle Musiker. Dann gibt es jemanden,
00:09:36: der ist verantwortlich nur für die Notenpulte, dann gibt es einen Azubi, der schaut, usw.
00:00:00: Wenn man grösser
00:09:46: denkt... Das ist auch etwas, was unsere Managerin Bettina wirklich macht, dass sie daran arbeitet,
00:09:52: dass unser Status sich verbessert. Ich denke ,das ist eine sinnvolle und eine gute Vision. Noch weit weg. Ja, aber genau in diese Richtung zu denken: Okay, wie können wir einfach grösser denken. Das
00:10:10: heisst im Jahr unseren Konzert- und Spielkalender ausbauen. Mehr Konzerte. Als Führungsteam-
00:10:19: Mitglied wäre es mir sehr wichtig, mehr proben zu können. Die Tatsache, dass das ZJO so ein
00:10:29: hohes Niveau erreicht hat bis jetzt, mit so wenig Probezeit für die verschiedenen Projekte,
00:10:36: ist ein Wunder. Ein Anliegen für mich wäre: Statt zwei Proben - warum nicht
00:10:42: drei Proben? Dann wird das Niveau noch besser. Es muss
00:10:46: natürlich finanziert werden. Einfach zu schauen,
00:10:49: entweder in Richtung fest angestelltes Orchester, das vielleicht von der Stadt Zürich und
00:10:57: dem Kanton unterstützt wird, genau wie in Helsinki oder in Brüssel oder in anderen europäischen Städten.
00:11:03: So etwas wäre ein langfristiges Ziel und auf den Weg dorthin zu schauen,
00:11:06: wie könnten wir mehr werden.
00:11:10: Auch bessere Arbeitsbedingungen und mehr
00:11:12: Arbeit für die Musiker.innen hier in Zürich zu schaffen.
00:11:17: Dazu gehören natürlich auch kleinere Ideen, was die künstlerische Ausrichtung angeht. Ich denke,
00:11:22: das wird sich auch in den nächsten Jahren entwickeln. Wir haben sehr viele gute Ideen,
00:11:27: aber es mangelt momentan einfach an Geld und an Optionen. In unserer ganzen Saison haben wir
00:11:35: nur Platz für so viele Projekte. Dani hat mir vorletzte Woche eine Liste
00:11:42: geschickt mit Ideen für Projekte. Wir könnten die nächsten zehn Saisons schon füllen. Die
00:11:48: Ideen sind da. Dann einfach zu schauen, wo könnten wir mehr Mittel lukrieren,
00:11:53: mehr Unterstützung, und ausbauen. Ihr schreibt gemeinsam die Zukunft des ZJO, sehe ich. Ich
00:12:00: bedanke mich sehr - vielen Dank für das Gespräch, Ed Partyka und Daniel Schenker.
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