#25 – Piano Palaver mit Gregor Müller und Adrian Frey
Shownotes
Zu Gast bei Gebrüder Bachmann Tasteninstrumente AG in Wetzikon hatten die beiden die grosse Aufgabe, den Flügel für das «Jazzhaus» auszusuchen. Im Gespräch plaudern wir über den Entscheidungsprozess, über Flügel und Pianos im Allgemeinen, über die Rolle des Pianos im Jazz und fragen, wo die Unterschiede zur Klassik liegen, wenn es um Tasteninstrumente geht. Ausserdem sprechen wir über die beiden Pianisten selbst, ihr Klavierspiel und ihre Unterrichtstätigkeit.
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00:00:00: Zurich Jazz Talks: Heute mit Gregor Müller und Adrian Frey. Wir sind zu Gast bei den Gebrüder
00:00:05: Bachmann Tasteninstrumente AG in Wetzikon und probieren mögliche Flügel für das "Jazzhaus" aus. Wir nutzen
00:00:12: die Gelegenheit, um mit Gregor Müller, dem heutigen Pianisten beim ZJO, und Adrian Frey, seinem Vorgänger
00:00:18: und gelegentlichem Vertreter, zu sprechen. Das Interview führt Susanne Loacker, für die Aufnahmen
00:00:24: zuständig ist Pablo Facinetto, die Leitung hat Bettina Uhlmann.
00:00:33: Hochdeutsch. Nur schnell für den Anfang: Wenn ihr euch jetzt nicht einig seid bezüglich dem neuen Flügel, wer hat letzte Wort?
00:00:45: Bettina. Immerhin da seid ihr euch einig - sehr schön, vielen Dank.
00:00:51: Adrian, wenn du heute das ZJO hörst mit Gregor am Piano, was ist anders, als wenn du spielen würdest?
00:01:03: Ja, man ist nicht in der Band drin, das ist natürlich... Da klingt alles anders.
00:01:10: ...einfach ein anderes Gefühl und man kann einfach ganz entspannt zuhören und muss nicht irgendwelche Einsätze erwischen.
00:01:22: Gregor, was ist denn dieser Adrian für ein Pianist, wenn du ihn kurz beschreiben müsstest? Als Musiker jetzt, alles andere geht uns nichts an.
00:01:30: Also, sehr breit gefächert, fantastischer Sound, finde ich,
00:01:35: auf dem Piano, und eben - wie gesagt - sehr vielfältig, auch stilistisch, empfinde ich ihn und doch hat
00:01:44: er eigene Musik geschrieben, die seine Persönlichkeit auch wiederspiegelt.
00:01:54: Kannst du mir erklären, Gregor, was einen Jazz-Pianisten von einem Klassik-Pianisten unterscheidet?
00:02:01: Naja, ich denke das Element der Improvisation. Die klassischen Pianisten, die interpretieren ja eine
00:02:11: Komposition, und Jazz-Pianisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Moment - würde ich sagen - vielleicht
00:02:20: Neues kreieren, weil nicht alles vorgegeben ist, auch nicht alles vorgegeben werden kann.
00:02:30: Da würde ich mal sagen, das ist so ein wichtiger Punkt. Könnte denn ein Jazz-Pianist Klassik spielen
00:02:36: und umgekehrt? So eine Allerweltsfrage, aber sie interessiert uns schon. Doch, auf jeden Fall. Das ist ja heute
00:02:40: immer mehr so, dass die Leute sich auch annähern, auch an die Verhaltensweise am Klavier sozusagen.
00:02:48: Viele klassische Pianisten improvisieren ja auch, und viele Jazzpianisten interessieren sich
00:02:56: auch sehr für die klassische Musik. Ich kenne auch Leute, die beginnen später sich z.B mit
00:03:01: Bach auseinanderzusetzen.
00:00:00:
00:03:18: Ja, man muss schon ein bisschen schauen, wo man gehört wird.
00:03:25: Also das heisst, es ist ja eigentlich vom Arrangeur schon so eingeplant, dass das Klavier so eingesetzt werden kann, dass es auch hörbar ist,
00:03:37: weil es doch häufig im Gesamtklang verschwinden kann. Das kann passieren.
00:03:48: Was für Rollen spielt denn ein Klavier im Jazz? Es gibt ja von Kleinstformationen über Big Band alle möglichen
00:03:55: Zusammensetzungen. Was für Rollen kann das Klavier einnehmen? Das Schöne ist eigentlich, dass man
00:04:03: diese verschiedenen Funktionen hat: Das Klavier kann natürlich ein Melodieinstrument sein, also
00:04:09: solistisch sein, es kann dann akkordisch Spielen - zum Begleiten von Solisten ist das
00:04:20: angesagt - und dann hat es diesen perkussiven Aspekt, den rythmischen Aspekt. Also, man hat
00:04:26: da ganz viele Dinge, die man abdecken kann.
00:04:32: Du bist ja nicht nur Musiker oder "nicht nur" in allen Anführungszeichen dieser Welt, du hast auch an der ZHdK unterrichtet.
00:04:40: Wollen heute mehr junge Leute als früher Pianistinnen und Pianisten werden oder eher weniger?
00:04:51: Ich glaube, es sind eher weniger, würde ich vermuten.
00:05:03: Viele Leute lernen schon, das Keyboard handzuhaben,
00:05:12: um auch dann mit dem Computer zu funktionieren und um Songs zu produzieren
00:05:18: und so weiter. Aber geht man dann den ganzen Weg, um wirklich Jazz-Pianist zu werden?
00:05:30: Mit all diesen... also wir wissen das: Stundenlang übt man eigentlich die Sachen, das Material.
00:05:39: Ich sage immer man übt eigentlich das Material bereitzustellen, dass man eben dann im Moment, wo dann improvisiert wird
00:05:45: - wie Gregor angedeutet hat - dass das dann einfach raus kommt im richtigen Moment, in der richtigen...
00:05:53: ... der richtige Akkord und so weiter und so fort. Also wie Krafttraining für einen Sprint ein bisschen, also Üben ist wie Training.
00:06:04: Ja, so. Gregor, auch du bist ja nicht eben "nur" in Anführungszeichen Musiker, sondern auch Lehrer. Was verbindet oder was haben die beiden Professionen gemeinsam?
00:06:17: Die Improvisation. Also, man kommt manchmal eben auch in die Lage, dass man improvisieren
00:06:24: muss. Also, wenn man Klassenunterricht gibt. Das ist sicher ein Punkt, dass einem das
00:06:32: vielleicht leichter fallen könnte, wenn man ein bisschen aufs Improvisieren eingeschossen ist.
00:06:39: Dann hat man es natürlich beim Unterrichten mit Menschen zu tun. Da gibts Emotionen. Emotionen
00:06:47: hat man auch beim Klavierspiel. Beides kann sich auch gegenseitig befruchten.
00:07:04: fürs Jazzhaus. Was macht einen guten - oder einen Flügel aus, der in deinen Augen gut ist, Gregor?
00:07:15: Ja, das sind viele Dinge. Also, dass der Klang ausgewogen ist. Dass der Flügel
00:07:25: eine gewisse Ausstrahlung hat, das ist natürlich vielleicht bezogen auf meine Sounds, die ich spiele. Ich habe
00:07:33: häufig die Erfahrung gemacht, wenn ich einen Klang gespielt habe auf verschiedenen Instrumenten, dass
00:07:40: es ja unterschiedlich geklungen hat, oder. Und ich möchte, dass das so klingt, dass es mich anspricht,
00:07:46: dass es irgendwie - ja, klingt das ein bisschen abgehoben? - fast ein bisschen etwas Mystisches hat, der Sound.
00:07:53: Dann, dass er gut läuft, dass er anspricht auf feinste Veränderungen meiner Finger. Das schätze ich sehr, wenn das Instrument das kann.
00:08:18: Genau, das ist etwa das.
00:08:23: Adrian, wie ist das für dich? Also, wenn ichs jetzt vergleiche z.B mit Gitarristen, da sind ja die Geschmäcker einfach verschieden, oder?
00:08:31: Einer nur Tele, einer nur Strat, einer nur Les Paul. Sind sind die Meinungen so klar gemacht, wenn es um
00:08:39: Flügel geht, oder gibt es dort mehr Gemeinsamkeiten, die für alle gut sind?
00:08:48: Du sprichst wahrscheinlich die Marken-Frage an?
00:08:53: Auch, ja oder einfach: Sind die Unterschiede auch so gross wie bei anderen Instrumenten?
00:08:58: Wir sind in erster Linie mal happy, wenn ein Flügel dort steht und wenn er gestimmt ist,
00:09:06: dann kanns Yamaha sein, den sie sieht man häufig. Klar sind wir froh mit einem Steinway. Aber eigentlich.. es ist..
00:09:19: ja, die Komponente ist ja eigentlich, dass das Instrument mal so seinen Charakter hat, aber
00:09:27: dann kommen wir dazu und wenn man ein bisschen länger spielt oder... wir haben das auch trainiert
00:09:32: über all die Jahre, dass man, wenn man länger spielt, bringe ich dieses Ding zum Tönen, weil man trifft
00:09:37: ja die unterschiedlichsten Dinge an und manchmal sind es nicht so erfreuliche Flügel oder Klaviere.
00:09:43: Und dann muss man sie trotzdem zum Tönen bringen. Da müssen wir so das entwickeln:
00:09:48: Wie können wir das zum Tönen bringen? Ich habe jetzt auch, was wir ausprobiert haben, gemerkt, bei der
00:09:54: zweiten Runde, die wir jetzt schon gemacht haben mit denselben zwei Flügeln, ist mir der eine,
00:10:01: der mir am Anfang gar nicht so nah gewesen war, hat mir jetzt schon wieder besser gefallen, einfach
00:10:07: weil ich besser wusste, wie ich vielleicht den Sound so "loseisen" kann, wie ich es eigentlich möchte,
00:10:16: dass du - wie du gesagt hast - dass das einem so gefällt, das Geheimnisvolle sogar, oder?
00:10:22: Dass wir das rauslocken können aus jedem Instrument am Schluss, sogar.
00:10:29: Dann wünschen wir noch ganz viel Geduld, Spass und hoffentlich eine einhellige Entscheidung.
00:10:36: Die werden wir ganz sicher haben. Vielen Dank, Adrian und Gregor.
00:10:40: Merci. Danke dir, Susanne.
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