#24 – Ed Partyka: Gil Evans

Shownotes

Gil Evans ist für Ed Partyka in vielerlei Hinsichten eine grosse Inspiration. Gil Evans hat nicht nur Meisterwerke komponiert und arrangiert, sondern nach dem Zweiten Weltkrieg die Klangsprache des Jazz als Ganzes weiterentwickelt. Waren Bassklarinette, Tuba und Waldhorn zuvor nur in der klassischen Musik zu hören, waren sie von da an auch in einer Big-Band-Besetzung vertreten und haben die Palette an Klangfarben und Textur der Jazzmusik nachhaltig verbreitert.

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00:00:03: Zurich Jazz Talks: Die Podcast-Serie des Zurich Jazz Orchestra. Heute mit Ed Partyka. Mit dem musikalischen Leiter des Zurich Jazz Orchestra sprechen wir  

00:00:12: über Gil Evans, eine sehr sehr wichtige Figur in der Jazz-Geschichte.

00:00:17: Das Interview führt Susanne Loacker, die Aufnahmen macht Pablo Faccinetto und die Leitung hat Bettina Uhlmann.

00:00:28: Ed, erzähl, was bedeutet dir Gil Evans? Gil Evans ist eine sehr grosse Inspiration für mich. Ein  

00:00:39: Pionier, was Jazz-Arrangieren, -Orchestrieren in dem Bereich Instrumentieren angeht. In der

00:00:48: Nachkriegszeit, nach dem zweiten Weltkrieg, war er wirklich  jemand, der Jazz einen sehr grossen  

00:00:55: Schritt nach vorne gebracht hat - auch in den drei  Bereichen, die ich vorhin erwähnt habe. Als Arrangeur  

00:01:02: war er einfach unfassbar kreativ, mit einem sehr sehr ausgeprägten Handwerk,  

00:01:10: und auch als Orchestrator und im Instrumentieren. Er hat Instrumente aus der Klassik quasi in die

00:01:18: Jazz-Welt eingeführt: Instrumente wie Klarinette,  Bassklarinette, Tuba, Waldhorn. Solche Sachen, die

00:01:25: eigentlich normalerweise nicht in Big Bands zu hören waren. Ich meine, Klarinette, ja, aber Bassklarinette, Tuba und

00:01:32: Waldhorn nicht. Er hat diese ganze  Palette an Klangfarben und Texturen in der Jazz-Musik  

00:01:40: unfassbar verbreitet, breiter gemacht  und integriert. Also ja, Pionier-Arbeit  

00:01:48: in diesem Bereich. Und die Meisterwerke, die er kreiert hat, zusammen Miles Davis: Sketches  

00:01:55: of Spain, Porgy and Bess, Miles Ahead und so weiter - einfach  Meisterwerke. Und als Arrangeur, jemand, der  

00:02:04: auch orchestriert und instrumentiert, sind das wie  gesagt grosse Inspirationen. Ich habe seine  

00:02:09: Partituren sehr sehr viel, sehr sehr oft studiert.  Die Kritik schreibt auch immer wieder mal, dass du  

00:02:15: gewissermassen seine Klangsprache weiterführst. Ich  nehme jetzt an, du nimmst das als Kompliment.

00:02:21: Ich nehme das als sehr grosses Kompliment. Und ja, er ist eine grosse Inspiration und ich freue mich,  

00:02:28: dass ich ein bisschen was von seiner Sprache, seiner Klangsprache in meine Musik integriert habe oder verwenden kann.

00:02:38: Wenn ich das richtig sehe,  hast du auch ein bisschen was von seiner Haltung  

00:02:41: integriert. Man sagt ja von ihm, er habe so komponiert,  dass seine Musiker relativ viel Spielraum hatten.  

00:02:48: Das machst du ja beim ZJO auch ein Stück weit. Ganz genau, aber ich glaube, das ist ein  

00:02:55: Ding, das sehr viele Band-Leader oder musikalische  Leiter, die auch Komponisten und Arrangeure sind -  

00:03:05: ich glaube, das ist das, was wir alle gemeinsam haben.  Es ist nicht nur Gil Evans, der so gearbeitet hat,

00:03:12: auch Duke Ellington. Man sieht das heutzutage  mit Maria Schneider, mit Carla Bley und so weiter - also  

00:03:17: wirklich viele Leute in dieser Position, quasi musikalische Leiter und Komponisten/Arrangeure,

00:03:29: das ist einfach ganz normal und  das habe ich sicher von Leuten wie Gil Evans, Maria  

00:03:34: Schneider & Co. einfach auch irgendwie geerbt oder  einfach abgeschaut. Also für mich ist das einfach selbstverständlich,

00:03:42: aber das habe ich sicher auch von Gil Evans, unter anderem. Was macht das denn mit einer Big Band, also mit den Leuten in der Big Band, wenn

00:03:48: man ihnen viel Spielraum, eine lange Leine lässt? Jeder hat dann Verantwortung, weil mit sehr viel Freiheit, mit grosser Freiheit, kommt  

00:04:00: grosse Verantwortung. Und das heisst natürlich, die  Musiker und Musikerinnen, die sehen sich nicht  

00:04:06: mehr als quasi dritte Posaune, zweite Trompete,   die sehen sich als "Individuals" - jeder hat eine  

00:04:15: Stimme und jede trägt diese Verantwortung mit.  Das, finde ich, stärkt das Ganze  

00:04:22: und es ist eine Wertschätzung den Musikern und Musikerinnen gegenüber, den Musikern und Musikerinnen  

00:04:28: diese Verantwortung zu geben und ihnen das Vertrauen zu  schenken. Ich finde, das kommt  

00:04:34: auch zurück, und natürlich haben die Leute dann Vertrauen in mich als Leiter. Und ja, wie gesagt,

00:04:40: das ist ein Erfolgsrezept seit Ellington, Gil Evans und so weiter. Gil Evans war auch grosszügig sich selber gegenüber

00:04:48: im Hinblick auf Zusammenarbeit, über Stilgrenzen hinaus. Ich habe gelesen - ich hoffe, dass das stimmt -,

00:04:54: dass er sehr spät noch mit mit Van Morrison gearbeitet hat oder mit Sting.  

00:04:58: Gibt es bei bei dir auch eine Art "Bucket List" der  Zusammenarbeit, des Zusammenarbeitens, vielleicht  

00:05:04: über die Grenzen des konventionellen Big-Band-Jazz hinaus? Auf jeden Fall. Es gibt so ein paar  

00:05:12: Namen, wo ich denke, dass das sicher toll wäre, eine Kollaboration, eine Zusammenarbeit zu machen,

00:05:19: irgendwann mal. Ja, Künstler:innen wie Meshell Ndegeocello, die Bassistin, Sängerin und Komponistin.

00:05:29: Der Country-Sänger und Komponist Lyle Lovett, ein paar Leute aus  dem Pop-Bereich. Es gibt immer so ein paar  

00:05:34: Leute, wo man denkt: "Ah, das wäre toll, mit denen irgendwann mal ein Projekt machen zu dürfen".  

00:05:40: Ed, wir wünschen dir und auch uns von ganzem Herzen,  dass das klappt. Herzlichen Dank fürs Gespräch.

00:05:45: Danke.

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