#16 – Marianne Racine

Shownotes

Marianne Racine ist eine schwedische Sängerin, Pianistin und Komponistin, die 1984 liebeshalber in der Schweiz landete. Durch die DRS-Bigband und das legendäre «Kindliorchester» der Gebrüder Schmid knüpfte sie erste Kontakte in der Schweizer Jazzszene, deren fester Bestandteil sie heute ist. Marianne Racines Repertoire umfasst mit ihren verschiedenen Formationen straight ahead vocal jazz, Volkslieder aus ihrer Heimat Schweden sowie der Schweiz oder BossaSambaPop - dies mit stilistischer Offenheit und Mehrsprachigkeit. Ausserdem ist sie die Initiantin des Fachs Jazzgesangs an der damaligen Jazzschule Zürich und war jahrelange Hauptfachdozentin für Jazzgesang an der heutigen Zürcher Hochschule der Künste.

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00:00:27: Marianne Racine, herzlich willkommen bei "Zurich Jazz Talks". Schön, bist du mal da bei uns.

00:00:33: Wir stellen die Fragen und machen die  Antworten auf Hochdeutsch, damit uns

00:00:36: möglichst viele Leute verstehen. Erzähl  mal: Wo ist eigentlich Heimat für dich?

00:00:44: Uiuiui, ja, ich habe festgestellt, dass es wahrscheinlich  doch Zürich ist, weil ich habe vor

00:00:54: einem Monat in Stockholm 4 Wochen verbracht und das war wunderbar und ich habe da alte

00:01:02: Freunde, Verwandte. Ich habe gespielt. Aber ich  muss sagen: Ich bin ganz happy, wenn ich zurück

00:01:10: nach Zürich komme. Und dann gehe ich ausserdem  noch - ich bin ja eingeheiratete Neuenburgerin,

00:01:18: und da sieht es ein bisschen aus wie  in Schweden. Das einzige, was ich

00:01:23: vermisse von Schweden, das ist: Sie haben sehr viel Himmel.

00:01:30: Also, der Horizont ist flach. Das habe ich sehr gern. Aber eben, das hat man ja dann im Jura auch.

00:01:37: Das stimmt. Du bist ja musikalisch enorm  vielseitig. Du kannst irgendwie alles von

00:01:42: Volkslied über Jazz, kleines Orchester, grosse  Formation. Wenn jetzt über deiner Dusche zu Hause

00:01:50: ein Mikrofon montiert wäre, was würden wir dann zu  hören bekommen? Was singst du, wenn niemand zuhört?

00:01:58: Ich singe oft das, was ich gerade am Üben bin.  Das bleibt hängen und das singe ich

00:02:08: sehr oft. Und manchmal kommt - das ist schwierig zu sagen, - das kann ein alter Standart sein,

00:02:17: das kann aber auch ein Volkslied sein. Du hast ja schon in unzähligen Formationen gespielt,

00:02:25: mit so vielen Leuten. Gibt es da etwas, was  dir ganz speziell in Erinnerung geblieben ist -

00:02:30: etwas, was du nie mehr vergessen wirst - irgendein Band-Projekt, eine Zusammenarbeit?

00:02:42: Ja, vielleicht, wenn ich zurückdenke, mein  Quartett, wo ich - das war so anfangs 2000 -

00:02:52: wo ich selber zum ersten Mal alle Arrangements  geschrieben habe, Musiker ausgewählt habe.

00:03:02: Das war wahnsinnig aufregend, weil ich hatte  mich getraut habe, Andy Scherrer, den Saxofonisten,

00:03:09: der auch Klavier gespielt hat - ich  habe ihn gefragt, ob er mitmachen wollte und das

00:03:17: hat er gemacht, also nur am Klavier. Und Bänz Oester und Norbert Pfammatter, das war sehr aufregend.

00:03:24: Das vergesse ich nie, weil wir haben sehr viel gespielt und

00:03:30: ja, das war so das erste Mal, wo es geklappt hat. Was ist so der grosse Unterschied zwischen

00:03:37: "Ich bin die Sängerin in einer Band" und "Es ist wirklich meine Band" - was ist so

00:03:43: gefühlsmässig der grosse Unterschied? Du hast einfach eine grosse Verantwortung.

00:03:49: Und du kannst selber alles entscheiden, und du leidest auch Qualen, weil wenn es mal

00:03:57: nicht passt, dass du ein Tune gewählt hast, das die  anderen nicht mögen... Du

00:04:06: musst Tourneen buchen, du musst Geld auftreiben - alles. Aber natürlich, wenn die Zusammenarbeit

00:04:13: gut klappt - und das macht es bei mir  im Moment seit vielen Jahren immer - dann

00:04:21: ist das auch ein grosses Glück. Aber ab und zu gibt  es schon ein bisschen schlaflose Nächte.

00:04:27: Wie ist es denn jetzt gerade im Gegenteil - du bist auch schon  mit dem ZJO aufgetreten - wie fühlt sich das dann an,

00:04:33: vor einer Big Band zu stehen? Das ist auch super. Es ist einfach auch ziemlich eine

00:04:41: Naturgewalt. Das sind 22 Musikerinnen und Musiker, die hinter oder neben dir stehen. Und es ist ein Luxus, würde

00:04:53: ich auch sagen - und eine grosse Freude. Du musst  ein bisschen wetterfest sein natürlich. Also, du

00:05:01: musst die Arrangements lernen und gut können, weil du musst ja irgendwie all die Kicks, die die Big Band macht,

00:05:10: die musst du können, um dich da hineinzuplatzieren. Jetzt habt ihr ja eigentlich die

00:05:18: gleiche Heimat, also das Zurich Jazz Orchestra und  du. Ihr seid beide hier in Zürich. Eigentlich gelingt

00:05:24: es euch ja nicht besonders oft, zusammen zu  spielen. Weshalb ist das so? Woran liegt das?

00:05:30: Es gibt halt viele gute Solistinnen und Solisten,  die man einladen kann. Aber ich bin schon immer

00:05:38: wieder dabei und das ist immer eine grosse Freude.

00:05:43: Du hast ja an der ZHdK unterrichtet, bis vor kurzem oder bis vor "mittelkurzem" - warst du eine gute Lehrerin?

00:05:52: Das musst du nicht mich fragen.

00:05:54: Aber ich habe sehr gern unterrichtet und ich glaube, mit  ziemlich viel Elan und Energie. Ich bin zum Teil

00:06:02: sehr streng gewesen, vielleicht im Alter ein  bisschen gelassener. Aber ich habe eigentlich

00:06:09: immer Freude gehabt und ich habe die Arbeit sehr  genossen. Aber was ich gemerkt habe -

00:06:18: - ich habe ja vor einem Jahr aufgehört  und dann plötzlich habe ich gemerkt: "Oh oh, 

00:06:27: es geht auch ohne Unterrichten. Weil ich es auch das grosse Glück habe, dass ich sehr viel spielen kann.

00:06:33: Und jetzt habe ich beschlossen: Ich gebe keinen Unterricht mehr.

00:06:39: Die grosse Freiheit sozusagen. Alles klar, ich bedanke mich  sehr für die spannenden Auskünfte, liebe Marianne Racine.

00:06:46: Danke dir.

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