#10 Daniel Schenker (II)

Shownotes

Daniel Schenker ist Individualität beim Unterrichten sehr wichtig. «Es braucht Geduld. Die Tempi sind unterschiedlich, jeder Schüler, jede Schülerin ist anders. Tempo ist individuell, Methodik ist individuell, Didaktik ist individuell». Gehörbildung hat ihn schon immer fasziniert, so hat er die App «ET – Ear Trainer» entwickelt, die entsprechende Übungen anbietet.

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00:00:24: Daniel Schenker, du bist Co-Leiter des Zurich Jazz Orchestra. Ausserdem bist du Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste,

00:00:34: du unterrichtest dort. Ich würde dir heute gerne ein paar Fragen stellen zu deinem Job und zum "Weitergeben" von Musik.

00:00:41: Ist das ok? Ja, gerne. Wir machen das auf Hochdeutsch, damit uns möglichst viele Leute verstehen.

00:00:47: Sag mal, bist du ein geduldiger Lehrer? Ich bin sehr geduldig. Worin äussert sich das? Meine  

00:00:58: Einstellung zum Unterrichten ist folgende: Es gibt ein paar Sachen, die gehen nicht. 

00:01:02: Du kannst nicht jemandem sagen, vergiss es, das ist nichts für dich. Es gibt auch ein paar Anekdoten  

00:01:09: dazu, eine kann ich vielleicht dann erzählen. Ich denke, das hat mit der persönlichen  

00:01:16: Überzeugung zu tun, wie man etwas vermitteln möchte. Vielleicht hat es auch damit zu tun,  

00:01:21: wie ich selber Sachen gelernt und die Personen, die das damals vermittelt  

00:01:27: haben, wahrgenommen habe. Das Wichtigste ist, dass du als Erstes diese Niveau-Angleichung  

00:01:34: machen kannst. Didaktisch musst du dich auf das Niveau des Schülers, der Schülerin begeben. Das ist

00:01:41: nicht so einfach. Es gibt sehr viele Leute, die unterrichten, die das aber nicht können. Die verstehen nicht,

00:01:46: wenn jemand das nicht direkt ab Blatt spielen kann. Das ist das Wichtigste. Das Zweite ist: Es

00:01:52: braucht Geduld. Die Tempi sind unterschiedlich, jeder Schüler, jede Schülerin ist anders.  

00:01:56: Tempo ist individuell, Methodik  ist individuell, Didaktik ist individuell. 

00:02:02: Was ist das Wichtigste, was du deinen Studierenden mitgeben möchtest?

00:02:15: Auch das ist individuell, Typen-abhängig. Jemandem, der vielleicht eher ungeduldig ist und findet,  

00:02:24: es geht zu langsam, ist etwas anderes wichtig als jemandem, der sehr schnell lernt und  

00:02:32: ein grosses Talent hat. Bis zu welchem Grad kann man

00:02:38: Musikalität denn überhaupt lernen? Auch das ist individuell. Ich staune jeweils, wenn

00:02:45: neue Studierende kommen. Die sind manchmal sehr jung, vielleicht 17, 18, bis um die 20. Es ist unglaublich, welche Fortschritte sie in sehr kurzer Zeit erzielen, wenn sie arbeiten.

00:03:02: Das ist wirklich faszinierend.  

00:03:07: Das geht bis zum Alter von 25, 26, danach wird es ein bisschen schwieriger, ist aber auch noch  

00:03:15: möglich. Ich unterrichte aber auch viele Erwachsene, es ist mir ein Anliegen,  

00:03:21: auch Amateure zu unterrichten. Das mache ich ab und zu. Dort wird es noch schwieriger. Die

00:03:29: Möglichkeit, sich zu entwickeln, ist wirklich altersabhängig. Zweitens gibt es

00:03:36: Leute, die sind talentiert. Das ist einfach so. Für diejenigen, die nicht so  

00:03:45: talentiert sind, hast du gemeinsam mit deinem Sohn eine App entwickelt. Erzähle uns ein bisschen was über diese App, bitte.

00:03:50: Gehörbildung fand ich immer etwas Faszinierendes. Alles, was ich heute unterrichte,  

00:03:58: mache oder kann ich nur daher, weil ich auch alles selber habe lernen müssen. Ich bin weder auf dem Instrument ein Purzelbaumkind, noch... Gut, ich muss sagen, ich habe ein gutes Gehör.

00:04:11: Aber ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich zum ersten Mal für die Vorbereitung  

00:04:17: der damaligen Swiss Jazz School mit einem Pianisten zusammen die Akkorde quasi "zerlegen" musste.

00:04:25: Wie viele Bläser.innen hatte ich Probleme, die Grundtöne zu orten. Das ist ein Phänomen. Das heisst,

00:04:32: ich kenne die Probleme, die viele Studierenden haben und daher haben wir -  

00:04:38: das war vor einem Jahr im Lockdown - haben wir begonnen, eine App zu programmieren, die ein paar Übungen

00:04:44: dazu anbietet. Die haben wir mit einem Prototypen im Einsatz an der ZHdK und

00:04:54: seit Kurzem gibt es die App im Store. Kann ich kurz einen Werbeblock machen? ET - Ear Trainer heisst die

00:05:03: App, und sie kostet 6 Franken. Das ist nicht so viel. Ein Cappuccino in Zürich ist manchmal teurer.

00:05:10: Das heisst, du muss jetzt ein bisschen weniger geduldig sein mit deinen Studierenden. Ich würde trotzdem die

00:05:15: Anekdote noch wahnsinnig gern hören. Diese Anekdote... Also, ich habe 17 Jahre in Bern unterrichtet,

00:05:23: so ein bisschen alles: Instrument, Theorie, auch Workshops.  

00:05:28: Und da gab es ein "Pre-College." Das ist ein Vorbereitungskurs für

00:05:36: die Berufsschule, also für das, was heute das Hochschulstudium ist. Da gab es  

00:05:41: eine Sängerin, die hat wirklich nicht so wahnsinnig gut gesungen. Ich habe ihr dann konkrete  

00:05:48: Tipps gegeben, aber ich habe mir gedacht, das wird schwer. Ich darf keine Namen nennen, aber  

00:05:55: die Sängerin ist in der Zwischenzeit  international sehr erfolgreich und hat Plattenverträge

00:06:01: mit wirklichen grossen Jazzlabels. Also, wenn ich ein anderer Typ wäre, hätte ich ihr  

00:06:08: gesagt: Hey, vergiss es, das wird nie was. Aber sie ist eine super Sängerin geworden.

00:06:09: Das spricht extrem für dich als Lehrer. Ich bedanke mich sehr für das Gespräch. Merci, Daniel Schenker. Danke.

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